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Giacomo Puccini - Turandot
Dramma lirico in drei Akten




Inhaltsangabe:


Das Märchen der Prinzessin „Turandot", die eigentlich Turandocht heißt - 
was soviel bedeutet, wie Tochter aus Turan - ist eine dieser wundervollen
Geschichten der persischen  Märchensammlung aus 1001 Tag.

Der Legende nach erzählte Scheherazade 1001 Nächte lang ihrem Ehemann jeden Tag
eines ihrer Märchen – aber stets mit offenem Ende. Wie das Märchen ausgehe,
sollte ihr Ehemann erst in der nächsten Nacht erfahren. Das alles, um ihn davon abzuhalten,
eine neue Frau zu ehelichen und sie, die alte, am Morgen umzubringen. Das klingt jetzt
herzlich wenig romantisch, aber was uns geblieben ist, sind schöne Liebesschnulzen
mit exotisch-orientalischem Flair... eben wie die der Turandot.


In Puccinis Oper ist Turandot eine chinesische Prinzessin, wohnhaft in Peking.
Im Original war sie das natürlich nicht, sondern vielmehr Russin: „es war einmal ein König
in einer Stadt irgendwo in Russland", aber als die orientalische Märchensammlung
dem europäischen Geschmack zuliebe übersetzt wurde, fügte der Übersetzer hier und da
eine kleine Prise Asia hinzu, um den aufkommenden China-Faible zu bedienen.

Nachfolgende Werke, wie Schillers Theaterstück (1801)  oder die Opern von Busoni (1917) und
Puccini (1926) nutzten den Kunstgriff ebenfalls. Asien war halt sehr 'en vogue'.


Und so erwartet uns in Puccinis Turandot musikalisch tatsächlich ein Potpourri aus chinesischen Motiven.
Das war völlig neu im Werk des Komponisten, bis dato hatte er sich ja um wirklichkeitsnahe
Lebensdarstellungen bemüht, man denke an die Boheme oder Tosca. Nun also ein Märchen, mit großem musikalischen Aufwand: ein ganzes exotisches Schlagzeugarsenal, vom chinesischen Gong,
über Tam-Tams bis zu Glockenspielen, vermittelt herrlich das charakteristische fernöstliche Klangbild.
Analysten haben sich seitdem damit beschäftigt, in Puccinis Turandot Original-Melodien
chinesischer Herkunft zu identifizieren. Und tatsächlich: Mindestens sechs Themen übernahm Puccini

direkt aus chinesischen Vorlagen, etwa den „Kaiser-Hymnus“ als Leitmotiv, den Puccini aus einer chinesischen Spieldose kannte.

Woher der plötzliche Themenwechsel vom Realismus hin zum Fantastischen?
Man munkelt, Puccini habe so gegen Richard Strauss’ „Frau ohne Schatten“ halten wollen,
die zeitgleich (1919) populär wurde.


Doch Puccini erlebte den Triumphzug seiner Turandot (übrigens nur eine von rund einem
dutzend Turandot-Vertonungen) nicht mehr. Es wurde seine „Unvollendete“...

Zu seinen Lebzeiten schaffte er es nur, bis zur Mitte des dritten Aktes zu komponieren.
Dann verstarb der Komponist 1924.

Franco Alfano versuchte dann, aus Notizen und Skizzen den Schluß zu konstruieren,
was ihm unserer Meinung nach durchaus gut gelungen ist, allerdings obliegt es jedem
Dirigenten oder Opernhaus, ob sie die kürzere Fassung oder die Version mit dem
nachträglich angefügten Finale spielen.



1.Akt

Vor den Mauern der Stadt Peking herrscht Trubel.
Bunt gemischtes Volk erfährt vom Ausrufer (dem Vorläufer der Tageszeitung),

dass es wieder einen Freier um die Hand der Prinzessin Turandot gegeben hat.

Wieder war die Prinzessin wenig begeistert und absolut nicht heiratswillig.

Wieder hat sie diesem jungen Prinzen aus Persien drei Rätsel gestellt,

wieder konnte der Verehrer sie nicht lösen. Die Strafe dafür: er soll geköpft werden,

wie alle Bewerber vor ihm auch. Das Volk steigert sich in eine Art Blutgier,

begierig den Kopf des Prinzen fallen zu sehen. Wir erfahren also gleich mit den ersten Takten:

Turandot ist der geborene Dualismus aus Schönheit und Grausamkeit.


Niemand kann ihr Herz aus Eis zum Schmelzen bringen, aber wegen ihres

wunderschönen Antlitzes versuchen es immer wieder todesmutige Herausforderer.

Es ist eine blutige, brutale Ära im Peking dieser Tage.

Dann mitten in der Menge, strauchelt ein Greis und stürzt zu Boden.
Seine Sklavin, die bei ihm ist, verhindert gerade noch, dass er vom Mob niedergetrampelt wird.

Der Greis ist der vor einigen Jahren entthronte König Timur, seine Sklavin die letzte,

die ihm von seinem Hofstaat treu geblieben ist: die junge Liu.


Da schält sich eine weitere Hauptrolle aus dem Chor des Volkes und

stürzt auf den König zu: Kalaf, der Sohn des alten Timur.

Vater und Sohn fallen sich in die Arme, seit Jahren waren sie getrennt voneinander

durch das Land gezogen, seit Thronräuber den König Timur gestürzt hatten.

Als Kalaf der Sklavin dankt, dass sie solange beim mittellosen Timur geblieben ist,

und sie nach ihrem Namen fragt, erzählt sie, dass einst, vor vielen Jahren,

der junge Kalaf durch das Schloss seines Vaters gelaufen sei, durch einen Spalier

von Sklaven die alle mit demütig gesenktem Kopf dem Prinzen Platz gemacht haben.

Liu hatte für eine Sekunde neugierig den Kopf gehoben, um den Prinzen zu betrachten -

und er hatte ihr zugelächelt... Ein Prinz lächelt einer Dienerin zu!

Das Publikum ahnt, was Liu nicht sagt: seit diesem Lächeln damals

liebt sie den Prinzen insgeheim aber vergeblich – und so blieb sie beim alten Timur,

in der Hoffnung ihren Prinzen einmal wieder zu begegnen...


Doch die allgemeine Wiedersehensfreude währt nicht lange -

das Volk rast immer noch, will endlich Blut fließen sehen. Es folgt eine Reihe

harmonisch ineinander verwobener Chöre - erst der aufgebrachte Mob,

dann ein Kinderchor aus Priestern, und ein Frauenchor aus Kammerzofen, die

ob des Lärmes fürchten, ihre Herrin Turandot könnte im Schlaf gestört werden.

Als der Prinz von Persien dem Volk vorgeführt wird, kippt die Stimmung:

Aus dem Rufen nach dem Scharfrichter wird der Ruf nach Gnade. So ein schöner,

liebreizender Prinz sollte nicht hingerichtet werden. Auch Kalaf ist entsetzt

ob der Grausamkeit dieser ominösen Prinzessin. Die Chöre verschmelzen zu einem

flehenden Ruf: PRINCIPESSA! Und tatsächlich, in einem fulminanten musikalischen Gipfel

erscheint die Turandot ihrem Volk, sichtlich mies gelaunt (kein Wunder, sie hatte ja

gerade noch geschlafen) und gibt wortlos unbeeindruckt von den Bitten ihres Volkes das Zeichen:

Köpft den Prinzen aus Persien. Turandot dreht sich um und rauscht wortlos wieder ab.

(Übrigens: Bis die Titelpartie, der dramatische Sopran Turandot, das erste Mal singen darf,

dauert es immerhin bis zur Mitte des zweiten Aktes!)


Zurück bleibt ein tief verstörter Kalaf - er hat sich auf den ersten Blick unsterblich

verliebt in die grausame Prinzessin.

Vergeblich bemühen sich sein Vater Timur, die Sklavin Liu und drei Minister der Turandot -

Ping, Pang und Pong - Kalaf davon abzuhalten, auf den kaiserlichen Gong zu schlagen und

somit Einlaß in den Palast zu fordern. Der Vater aus Liebe zu seinem Sohn, die Sklavin,

weil sie um die Liebe ihres Lebens bangt und die drei Minister, weil sie das ständige

Blutvergießen der verliebten Prinzen satt haben.

Alle versuchen, Kalaf klar zu machen er werde sterben wie der Prinz von Persien,

der im Hintegrund geköpft wird, während Kalaf unbeirrt und siegesgewiß den Gong schlägt

und abgeführt wird, um sich der lebensgefährlichen Rätselprobe zu unterziehen.


2. Akt

1. Szene

Die drei Minister Ping, Pang und Pong  beklagen ihr Los am Hofe zu Peking.

Wie schön hatten sie es früher, als sie auf ihren Landsitzen wohnten und ein ruhiges Leben hatten –

mit Blick auf einen kleinen See, von Bambus umstanden – jeder von ihnen führte ein friedliches Leben.

Aber dann wurden sie an den Hof der Schlächterin Turandot gerufen, die seitdem einen

Bewerber nach dem anderen hinrichten lässt.


Kleine Anmerkung: Die drei Minister, Ping, Pang und Pong, figurieren in Puccinis Turandot

ein bisschen wie Clowns am Rande der Handlung – als Reminiszenz an die „Commedia dell’Arte“,

das italienische Maskenspiel.


Ein Trommelwirbel ruft die Minister zur nächsten unlösbaren Rätselprobe,

sie fügen sich in ihr Schicksal als "Minister des Todes" und bereiten zutiefst

bekümmert die Ankunft der Prinzessin auf dem Palasthof vor.


2. Szene

Musikalisch vielleicht der unspannendste Teil der Oper, lernen wir nun Altoum kennen, Turandots Vater.

Auch er ist es müde, seine Tochter nicht vermählen zu können, und einen Freier nach

dem anderen sterben zu sehen. Daher beschwört er - wenn auch halbherzig - 

Kalaf, seinen selbstmörderischen Schritt noch einmal zu überdenken. Doch es hilft nichts,

dieser ist fest entschlossen, die Rätsel zu lösen.

Turandot tritt auf und singt ihre dramatische, großartige Arie „In questa reggia".

In dieser erklärt sie, warum nie ein Mann sie besitzen dürfe: Vor vielen tausend Jahren

wurde ihre Ahnin Lo-u-ling in diesem Schloß (eben in ,questa reggia‘) ermordet,

nachdem ein Fremder sie vergewaltigt hatte.

Die Arie gipfelt in ihrer Aussage, es gäbe drei Rätsel, die im Tode enden.

Aber der nach wie vor von sich überzeugte Kalaf widerspricht ihr:

Drei Rätsel, die in der Liebe enden werden!

Und so beginnt die Turandot ihr kleines Mörderquiz...


Unglaublich, aber Kalaf kann alle drei Rätsel beantworten!

Turandots Stolz und Ihr Mut verlassen sie. Hilfesuchend wendet sie sich an ihren Vater,

den frechen Prinzen halt trotzdem zu töten, der Vater will davon aber nichts hören - 

das Gesetz muß befolgt werden, jetzt wird geheiratet. Turandot ist entsetzt.

Aber ehrlich gesagt, dass ist es nun auch nicht, was Kalaf will - eine Frau gegen ihren Willen

zwingen ihn zu heiraten. Er will ihre Liebe!

Und deshalb gibt er ihr nun auch ein Rätsel auf: Sollte sie es schaffen, bis zum ersten Licht des

Morgengrauens seinen Namen herauszufinden, darf sie ihn töten lassen. Denn offiziell

mit Namen vorgestellt wurden die beiden im Zuge des allgemeinen Gong-Rätsel-Hinrichtung-Prozederes

ja gar nicht... Turandot ist wild entschlossen, den Fremden bis zum  Morgen sein
Geheimnis entreißen zu können.


3. Akt

Es ist Nacht in Peking. Kalaf wandelt durch den Schloßgarten, sichtlich nervös,

ob Turandot seine Liebe schließlich erwidern oder ihn töten lassen wird.

Auf Befehl der vor Wut rasenden Prinzessin darf in dieser Nacht niemand in Peking

schlafen (Nessun dorma, keiner schlafe). Alle sollen mitarbeiten,

das Geheimnis um den Fremden zu enthüllen, und wenn dafür jedes Haus in

Peking niedergebrannt und jeder Mensch gefoltert werden müßte!

Schweren Herzens, aber gewillt, das Leid der Stadt in dieser Nacht zu einem schnellen

Ende zu bringen, schleppen die drei Minister Altkönig Timur und die

Sklavin Liu vor Turandot. Sie waren dabei beobachtet worden, wie sie mit dem

namenlosen Fremden gesprochen hatten. Ergo dürften sie wohl seinen Namen kennen.


Turandot in ihrer Raserei befiehlt, den alten Timur zu foltern, ihm den Namen

zu entreißen, als Liu über sich hinauswächst und sich der Stadtwache, sowie der Prinzessin

entgegenstellt: Nur sie alleine kenne den Namen des Unbekannten. In ihrer

tragischen Liebe zu Kalaf ist sie bereit, alles für ihn zu tun. Auch wenn das bedeutet,

sich auf dem Thron der Liebe selbst zu opfern. Der tragischste Moment der Oper

ist gekommen! Liu wird gefoltert, beißt aber die Zähne zusammen. Turandot, von Lius Stärke beeindruckt,

fragt die Sklavin woher so viel Kraft komme. Und Liu antwortet ihr: aus der Liebe zu Kalaf!

„Dann entreißt ihr das Geheimnis“ befiehlt Turandot.
Aber da entwindet die kleine Sklavin einem Soldaten seinen Dolch und ersticht sich selbst,

um Kalafs Namen nicht verraten zu können. Die Umstehenden sind tief bewegt .....

(An dieser Stelle starb Puccini, der Rest der Oper wurde nach Aufzeichnungen

Puccinis von Franco Alfano vollendet).


Auch Turandot ist erschüttert, doch aus Stolz und Trotz will sie sich nicht beugen.

Sie gesteht, Kalaf von Anfang an gehasst aber auch geliebt zu haben. Und der fremde Prinz

wagt eine letzte Liebesprobe; er zieht die Prinzessin an sich, küßt sie – und nennt selber seinen Namen: Calaf!

Verwandlung

Im Thronsaal hat sich der Hof versammelt. Alle warten gespannt auf Turandots Worte.
Als sie auftritt, verkündet sie dem Volk den Namen des Prinzen: Für sie heiße er Gemahl !
Der Schluß-Chor verheißt den Liebenden Zehntausend Jahre Glück.


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Lesen Sie hier (Einfach auf den Link klicken):

DIE MÜNCHNER INSZENIERUNG



Tipps der „OPERA BAVARIAE“-Redaktion:


Die beste Einspielung
(die erweiterte Fassung mit nach-komponiertem Ende)

Tullio Serafin & Chor / Orchester der Mailänder Scala
Maria Callas als Turandot, Elisabeth Schwarzkopf als Liu,
Eugenio Fernandi & Nicola Zaccaria


Wenn Sie möchten, hier der Link zu iTunes:






... oder natürlich erhältlich in der weltbesten Klassik-Abteilung, bei Ludwig Beck am Rathaus !



Die beste Verfilmung:

Franco Zeffirelli (Deutsche Grammophon)
James Levine , Eva Marton, Placido Domingo, Leona Mitchell


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